Schaffen wir es, Zukunft anders zu gestalten?
Als im vergangenen Dezember deutschlandweit über Prostitution von Kindern in einer kirchlichen Einrichtung – noch dazu durch den damaligen Generalvikar – berichtet wurde, machte mich das absolut sprach- und fassungslos. Ein jetzt vorgelegtes Schriftgutachten lässt berechtigte Zweifel an einem Dokument entstehen, das als Beweis für organisierte sexuelle Verbrechen in einem Speyerer Kinderheim herangezogen wurde.
Ich bin froh zu lesen, dass manches Unvorstellbare offenbar nicht geschehen ist. Das relativiert nicht die Schuld, aber mahnt zur Verantwortung. Es ist unstrittig, dass unfassbares Leid zugefügt wurde. Keinesfalls darf das Bekanntwerden der Fälschung eines Dokuments dazu führen, (andere) Opfer sexualisierter Gewalt und ihre Berichte in Zweifel zu ziehen. Der Fall macht aber auch deutlich, wie schwer die Verantwortung wiegt zwischen berechtigtem Interesse an Transparenz und den Schwierigkeiten, dieselbe gewährleisten zu können.
Ich frage mich, ob das Ziel von Aufarbeitung tatsächlich Wahrheit sein kann – im umfassenden Sinn unbestreitbarer historischer Fakten – oder ob Aufarbeitung auch heißen muss, anzuerkennen, dass nicht jede Tat bewiesen werden kann und Vermutungen für Verurteilungen nicht reichen.
Die große Frage ist: Schaffen wir es, einen Kulturwandel herbeizuführen, um im Wissen um Schuld in der Vergangenheit – und in der Ohnmacht, diese nicht vollumfänglich zu kennen – Zukunft anders zu gestalten?