Deep Field
Welche Gotteserfahrungen und welche Gottesnamen stellen uns die Naturwissenschaften zur Verfügung? Dieser Beitrag aus der astronomischen Forschung wirbt für hochwertige Beobachtungszeit – um Gott in allen Dingen zu suchen und zu finden.
Zu meinen wohl schönsten Erinnerungen gehört ein Praktikum am Observatorium “Hoher List” in der Eifel, an dem ich während meines Physikstudiums teilnehmen durfte. Meine Teilnahme hatte sich ganz zufällig ergeben. Obwohl ich mein Hauptstudium zu diesem Zeitpunkt beinahe schon beendet hatte, hatte ich mich tatsächlich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie mit Astronomie beschäftigt. Was für eine grandiose Entdeckung! Ich weiß, dass ich mich in den Semesterferien vor dem Praktikum mit nichts anderem mehr beschäftigt habe. Ich konnte gar nicht mehr aufhören, Fachbücher zu lesen, zu lernen und zu staunen!
Und dann das Praktikum selbst: Der erste bewusste Blick auf die Plejaden und den Orionnebel und die vielen Monde des Jupiters … Diese Erfahrung hat mir die Tür geöffnet zu einer Reihe sehr schöner Jahre mit Beobachtungszeit an den großen Observatorien und einer spannenden Forschungsarbeit. Inzwischen bin ich schon lange in anderen Gebieten tätig. Ich habe mich für ein anderes Leben entschieden.
Hochwertige Beobachtung
Was mir jedoch geblieben ist, ist die Erkenntnis, dass sich qualitativ hochwertige Beobachtungszeit wirklich lohnt, wenn man etwas lernen möchte. Dies scheint mir in besonderem Maße auch auf Gott und sein Wirken in unserem Leben zuzutreffen. Sehr selten haben Menschen ein Damaskuserlebnis, wie damals der Apostel Paulus: so unmittelbar, dass es vom Pferd wirft. Es scheint mir im Gegenteil so, dass zumeist erst die Beobachtung unserer Erlebnisse, die Beobachtung unserer Gedanken und Empfindungen darüber, die Spuren Gottes in unserem Leben offenbaren. Ja tatsächlich, man hat es schon oft sagen hören:
Gott in allen Dingen suchen – und finden.
Deep Field Observation
Haben Sie schon einmal von der Hubble Deep Field Aufnahme gehört? Dabei handelt es sich um einen kleinen Himmelsabschnitt ohne sichtbare Sterne, der vom Hubble-Weltraumteleskop mit großer Auflösung sehr lange beobachtet wurde. Was für eine spektakuläre Aufnahme! Der Himmelsabschnitt, der oberflächlich betrachtet völlig dunkel erscheint, zeigt eine Vielzahl wunderschöner weit entfernter Galaxien. Die Aufnahme ist nicht nur atemberaubend, sie lieferte den Astronomen auch wichtige Erkenntnisse über dunkle Materie und das frühe Universum.
Achtsam Ausschau halten
Ich wage zu sagen, in gleichem Maße lohnt es sich, Gott unsere persönliche hochwertige Beobachtungszeit zu schenken. Aber was für ein Gott begegnet uns, wenn wir dies tun? Mit Blick auf die Astronomie würde ich sagen ein Gott, der uns lockt, dass wir ausdauernd achtsam ausschauen, dass wir ihn entdecken, wo erst nur Dunkel zu sein scheint, und dass wir unseren Standpunkt ändern. Es begegnet uns ein Gott, der uns auffordert, von einem Weltbild abzuweichen, in dem die Erde und damit wir selbst im Mittelpunkt stehen. Es begegnet uns ein Gott, der uns ein Weltbild zeigt, in dem wir uns am Rande einer Galaxie in einem expandierenden Universum aufhalten – verbunden mit allem, verantwortlich für unsere Erde.
Aber es ist ein Gott, dem wir wertvoll sind, da er uns die Schönheit von all dem jeden Tag zu Füßen legt und uns ermöglicht, sie zu entdecken und zu begreifen!
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Gott in den MINT-Fächern
Dieser Artikel gehört zu einer Artikelserie, die sich mit der Frage nach Gott in der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik befassen.
Bereits erschienen sind:
Gott neu sagen
von Peter Hundertmark
Gott ist ganz schön mathematisch
von Matthias Rugel SJ