Eula Biss stellt in ihrem neuen Buch die Frage: Was machen die Dinge, die wir besitzen, mit uns – und wir aus ihnen?
Auf Bücher über Besitz lauert ein ganzes Bündel an Gefahren: Schnell verkanten sie sich in einer Besserwisser-Haltung oder verirren sich in Klischees und Zu-kurz-Gedachtem. Das Schöne an Eula Biss’ Buch ist, dass es in keine dieser Fallen tappt. „Man sollte nicht zu viel besitzen. Das macht das Leben freier.“ Solch einfache Gleichungen trifft man bei der Lektüre nicht an. Vielmehr lebt es von undogmatischen Gedanken, von Selbstironie und manch offen gelassen Antwort. Was für ein Glück!
Eula Biss lehrt Nonfiction Writing an der Universität von Illinois. Initialzündung für ihr Buch war der Kauf eines eigenen Hauses. Damit begann für sie und ihrem Mann die Frage nach der Möblierung. „Was sagt es über den Kapitalismus aus, fragt John, dass wir Geld haben und es ausgeben wollen, aber nichts finden, was die Ausgabe wert ist? Wir hätten fast eine Anrichte gekauft, doch dann zog John die Schubladen heraus und merkte, dass sie nicht für die Ewigkeit gemacht waren.“
Der Maßstab ist der Alltag
Aber: Soll ein Möbelstück überhaupt ewig halten? Oder ist es doch besser, wenn es sich allmählich von allein wieder auflöst? Der Maßstab der alltäglichen Dinge macht das Buch so herrlich kurzweilig. Eula Biss ringt über den Wert der Sammelkarten ihres Sohnes – soll er sich eine lang ersehnte Karte vom Freund für 7 Dollar kaufen oder doch einfach einen neuen Zehnerpack für 3 Dollar? Sie geht der Frage nach, was ein angemessener Lohn für ihre Babysitterin ist – die Hälfte von dem, was sie selbst in der Zeit verdient, oder doch nur einen Bruchteil davon?
Auf diese leichtfüßige Art entfaltet Eula Biss Fragen wie den Wert von Arbeit und Besitz – und entthront dabei so manches Idol. Virginia Woolfs zwiespältige Beziehung zu ihrer Haushälterin ist alles andere als von den Frauenrechten geprägt, für die sich die Schriftstellerin einsetzte; Karl Marx konnte sich seine innere Freiheit nur leisten, weil er eben Schulden bei zahlreichen Bekannten auftürmte – und kaum mehr zurückzahlte.
Was besitze ich denn selbst – und warum eigentlich?
Es sind kurze Episoden und Miniaturen, meist zwei-drei Seiten lang, in denen Eula Biss die Gedankengänge unternimmt. „Während ich dieses Buch schrieb, fragte ich mich, was ich da eigentlich schrieb. War es eine Gedichtsammlung? Ein episodischer Essay? Eine Reihe von Witzen auf meine Kosten. Eine interne Prüfung?“ Eula Biss bringt in dieser Passage nicht nur die eigene Reflexion und Selbstkritik zum Ausdruck, sondern benennt auch die Gefühllagen, die man selbst beim Lesen erfährt. Ein Wechselbad der Gefühle, das den Blick immer wieder in die eigene Wohnung fallen lässt: Was besitze ich denn selbst – und warum eigentlich?