Arbeit 2.0 New Work

Zusammenleben  

Wie Arbeit Sinn macht

Sinn ohne Arbeit

Eine uralte Sehnsucht, eine Art paradiesischer Traum ist es, frei zu sein von Arbeit. Glück und Sinn liegen dann jenseits der Arbeit. Irgendwo in der Muße, im Feierabend, im Wochenende, im Urlaub oder in der Rente. Hier ist die Erwerbs-Arbeit ein notwendiges Übel der Existenzsicherung. In der Regel muss man arbeiten, um sich sein Brot zu verdienen.

Sinn durch Arbeit

Andererseits ist Arbeitslosigkeit auch kein rosiges Versprechen geglückten Lebens. Denn Arbeit gibt nicht nur Einkommen, sondern strukturiert auch Zeit, sie gewährt soziale Kontakte und erlaubt, je mehr sie als sinnvoll und selbstbestimmt erlebt wird, die Erfahrung von Freude, Kreativität und Zufriedenheit.

Sinn in der Arbeit

Die Arbeit ist dann selbst ein Sinnraum, wenn ich unter gesunden Bedingungen Einfluss auf sie habe. Macht muss geteilt werden. Transparenz, Beteiligung, rechtzeitige Informationen, gute Kommunikationsbedingungen, eine lebendige Feedbackkultur, Lern- und Entwicklungschancen sind ein paar Beispiele hierfür. In einem guten Team mit einer Führungskraft, die Management und Leadership beherrscht, kann ein Mitarbeiter aufblühen.

Work-Life-Balance

Arbeit ist nicht alles. Dann wäre sie eher, wie das Wort „workaholic“ nahelegt, krankhafte Sucht, die das Leben verengt und sinnärmer macht. Die Fülle des Lebens in Spiel, Hobby, Familie, sozialem Engagement, Kultur, Spiritualität usw. zu erleben, gehört zum Sinnreichtum des Menschen.

Bereits das benediktinische „ora et labora“ (bete und arbeite) hat auf diese Begrenzung der Arbeit geachtet.

Krise und Digitalisierung

Mit der digitalen Transformation verbindet sich die Prognose, dass Arbeit immer mehr von intelligenten Maschinen übernommen wird. Menschen arbeiten vermehrt im „home office“. Insgesamt verwandeln wir uns allmählich in eine „Tätigkeitsgesellschaft“, die neben der klassischen und neuen Erwerbsarbeit viel Zeit, Raum und Anerkennung für andere volkswirtschaftlich bedeutsame Arbeit etwa in der Familie, im Ehrenamt, in der Nachbarschaftshilfe oder der Selbstbildung möglich macht. Die neue Erwerbsarbeit erfordert neue Sinnanstrengungen. Zwei Beispiele: Im „home office“ verliert die Arbeit ihre räumlichen und zeitlichen Konturen, so das Arbeitswelt und private Welt verschwimmen. Und diejenigen, die unter digitalen Bedingungen arbeiten, brauchen neue Qualifikationen, um dem technologischen „skill shift“ der digitalen Anforderungen zu entsprechen.

Ein letzter Punkt, der durch die Corona-Krise besonders deutlich geworden ist:

Wir brauchen Kontakt und Kommunikation mit anderen. Da wir leiblich-sinnliche Wesen sind, sind wir unzufrieden, wenn die Begegnung nur noch oder überwiegend virtuell geschieht.

Wir wollen miteinander arbeiten und brauchen dabei die leibliche, wirkliche Präsenz des anderen. Sinn ist eben auch wesentlich erlebter, leiblich gespürter Gemeinschafts-Sinn.

Foto: © sian stock/photocase.com


Dieser Text ist zuerst im IHK-Magazin Pfalz 9/10 2020 erschienen.


Eduard Zwierlein

ist Inhaber der Unternehmensberatung CSM Dr. Zwierlein & Partner, Autor des Buches „Erfolgreich um jeden Preis?“ und als außerplanmäßiger Professor für Philosophie an der Universität Koblenz Landau tätig.

Weiterlesen

09.01.2025 Sinn
Fahrrad Spiritualität

Glaube auf zwei Rädern

Im Winter ist der Drahtesel nicht ganz so beliebt wie im Frühling oder Sommer. Für den Martin Löwenstein SJ ist aber jeder Tag ein Fahrrad-Tag – und nicht nur das: Im Beitrag berichtet der Jesuit, warum das Fahrrad für ihn ein spiritueller Ort ist.

weiter
03.01.2025 Versöhnung
Dreikönig Aufbruch

Brich auf …

In jedem von uns lebt die Sehnsucht nach einem tieferen Sinn, nach einem Ziel, das über uns hinausweist. Ulrike Gentner teilt mit uns ihre Gedanken zur Weihnachtszeit und zum Jahresbeginn – ein Appell für mehr Menschlichkeit in unserer „kleinen“ wie „großen“ Welt.

weiter
20.12.2024 Versöhnung
Weihnachten Predigt

Rausgehen und der Einladung Gottes folgen

In vielen Häusern stehen jetzt wieder die Krippen. In ihnen versammeln sich – dicht gedrängt – die Hirten mit ihren Schafen und ihren Gaben vor dem Kind in der Krippe. Ein Bild zwischenmenschlicher Wärme und solidarischen Zusammenhalts in rauer Zeit. Danach sehnen viele Menschen sich weit über die christlichen Milieus im konfessionellen Sinn hinaus. Der Jesuit Tobias Zimmermann fragt in seiner Weihnachtspredigt: Wer würde denn heute zur Krippe gehen – und wer würde zuhause bleiben?

weiter