Ukama-Zentrum in Nürnberg eröffnet
Ein diverses Publikum mit 150 Teilnehmer*innen, hochkarätige wissenschaftliche Vorträge, kontroverse Diskussionen, intensiv-konstruktive Arbeit in Workshops, dazu ein spirituelles Rahmenprogramm: Der Eröffnungskongress des Nürnberger Ukama-Zentrums (30.09. bis 02.10.2022) war aus Sicht von Dr. Jörg Alt SJ „ein großer Erfolg“. Der Jesuit, Buchautor und Klimaaktivist lebt und arbeitet im neu gegründeten jesuitischen Zentrum für Sozial-Ökologische Transformation im Nürnberger Norden.
Es soll Think Tank sein, Bildungsstätte, Vernetzungsort und spirituelles Zentrum, ein Stützpunkt des Jesuiten-Ordens im Einsatz für soziale und ökologische Gerechtigkeit, gemäß der Universellen Apostolischen Präferenzen. „,Ukama‘ ist ein Wort der Shona-Sprache und ein Konzept der afrikanischen Ethik der Sub-Sahara“, erklärt Klaus Väthröder SJ, Delegat für Ökologie und Soziales der Jesuiten in Zentraleuropa: „Der Begriff steht für die wechselseitigen Beziehungen zwischen allen Dingen und Wesen, aber auch für die Beziehung zwischen den Generationen. Ukama, das bedeutet Verwandtschaft von allem mit allem.”
Facetten einer gewaltigen Krise
Diese großen Zusammenhänge der Schöpfung manifestieren sich in den großen Krisen unserer Tage. Dass die Klimakatastrophe, Kriege, globale Ungerechtigkeit, Flucht, Vertreibung und soziale Verwerfungen tatsächlich die Facetten einer gewaltigen Krise sind, wurde im Lauf des Kongresses greifbar. Viele Aha-Momente brachten Podiumsgespräche und Inputs von und mit Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen, etwa was den Zusammenhang von Menschenrechten und Klimagerechtigkeit betrifft: „Wenn wir in den Industrieländern nicht schnell und dramatisch Emissionen reduzieren, zerstören wir die Lebensgrundlagen der Menschen im Globalen Süden und die unserer Kinder”, machte Klimaforscher Prof. Wolfgang Lucht deutlich.
Prof. Florian Hörmann forderte „eine neue planetare Ethik”, da im Auge der Klimakatastrophe technische Innovationen nicht ausreichten. Henning Jeschke, Klimaaktivist und Mitbegründer von „Letzte Generation“, zeigte, was es bedeuten kann, gegen die Katastrophe mit entsprechender Dringlichkeit anzukämpfen: Ein Hungerstreik vor dem Reichstag brachte ihn und Mitstreiter*innen 2021 auf die Intensivstation, andere Formen gewaltfreien zivilen Widerstands kurzzeitig ins Gefängnis.
Bei einer Podiumsdiskussion waren sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), SPD-MdB und Entwicklungspolitikerin Dr. Bärbel Kofler und Nürnbergs Umwelt- und Gesundheitsreferentin Britta Walthelm (Grüne) weitgehend einig, dass klamme Etats eine konsequent klimafreundliche Politik verhindern. Jörg Alt SJ aber hielt als Anwalt des Publikums angesichts der jüngsten Milliarden-Krisenpakete der deutschen Bundesregierung dagegen:
„Für vieles wird Geld gefunden, aber nicht für den Klimaschutz.“
„In den kommenden Monaten werden wir mit weiteren Vernetzungstreffen versuchen, konkrete Hebel für Veränderungen zu identifizieren und gemeinsame Strategien zu entwickeln”, erklärte Pater Alt die nächsten Schritte. Zudem bedeute Ukama gelebte Solidarität: „Wir nehmen im Zentrum dauerhaft Geflüchtete auf“, sagte Dieter Müller SJ (JRS) – als Kirchenasyl für von der Abschiebung Bedrohte und als Interimsbleibe für ukrainische Frauen und ihre Kinder.
Das Bild ganz oben zeigt das Podium der Eröffnungsveranstaltung am 1. Oktober 2022: „Wir haben keine soziale und ökologische Krise, sondern eine einzige komplexe Krise“ (Laudato Si, Nr. 139) ▪ Prof. Dr. Dr. h.c. Heiner Bielefeldt (Lehrstuhl für Menschenrechte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) ▪ Prof. Dr. Wolfgang Lucht (Ko-Leiter der Abteilung Erdsystemsanalyse am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, Mitglied des Sachverständigenrats für Umweltfragen der Bundesregierung) ▪ Courage Bakasa SJ (Zimbabwe, Universität Witten-Herdecke) ▪ Henning Jeschke (Ko-Gründer der Letzten Generation) Eröffungskongress „Sehen-Urteilen-Handeln: Bausteine zur Sozial-Ökologischen Transformation“ im CPH Nürnberg.
Ukama-Zentrum in Nürnberg
Think Tank, Bildungsstätte, Vernetzungsort und spirituelles Zentrum: Das Ukama-Zentrum in Nürnberg ist der Stützpunkt des Jesuiten-Ordens im Einsatz für soziale und ökologische Gerechtigkeit,
Fotos: Christian Ender