Versöhnung  

»Schafft Vertrauen, indem ihr kritisiert!«

Viele sagen, dass junge Menschen den Glauben nicht brauchen oder schätzen. »Falsch«, sagt der Student Cornelius Wilke und erklärt, warum ihm Glaube und Kirche wichtig sind.

Wie Kirche auch und gerade für junge Menschen wieder wichtig werden kann

Kürzlich war ich beim Symposium der zentraleuropäischen Provinz der Jesuiten. Man hatte mich eingeladen, um die Perspektive als junger Mensch in der Kirche mit Bezug zu den Jesuiten zu schildern. Ich bin 22 Jahre alt, komme aus Berlin, habe an einem Jesuiten-Kolleg mein Abitur absolviert, in einem Projekt der Jesuiten im Kosovo einen Freiwilligendienst geleistet und bin in der ignatianischen Jugendarbeit ehrenamtlich tätig. In all diesen Bereichen habe ich mit jungen Menschen zu tun (gehabt), die auf ihre Weise, mit Unterstützung von engagierten und offenen Jesuiten, ihren Glauben gesucht haben.

Cornelius Wilke

Grundsätzlich erlebe ich in den genannten Kontexten ein starkes Interesse und eine hohe Offenheit gegenüber der ignatianischen Spiritualität. Den Glauben in der Gemeinschaft zu erfahren und stets bei Übungen oder Examen zu hinterfragen, neu zu entdecken und gemeinsam auszutauschen – dafür bieten die Jesuiten den Raum und das wird dankend angenommen.

Auf der Suche nach Halt und Orientierung

Viele sagen, dass junge Menschen den Glauben nicht brauchen oder nicht schätzen.

Ich sehe das nicht so. Junge Menschen fühlen sich in den heutigen Zeiten erst recht ohnmächtig. Die Klimakrise, die Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine: All diese Krisen bringen viele Fragen und Unsicherheiten mit sich und vor allem eine Zukunft, die alles andere als zuversichtlich stimmt.

Ich bin fest davon überzeugt, und erfahre es aus Gesprächen immer wieder, dass viele junge Menschen den Glauben und etwas, das ihnen in diesen unsicheren Zeiten Halt und Orientierung bietet, suchen.

Es gibt zudem einen gesellschaftlichen Trend, der starken Einfluss auf junge Menschen hat: Die Welt wird immer schneller und der Alltag immer rastloser. Durch die Digitalisierung, die zwar viele kommunikative Vorteile mit sich bringt, entsteht auch ein neuer Druck: immer verfügbar sein, Content produzieren, nichts verpassen. Das führt zu einer enormen Rastlosigkeit, auch wenn man „nur am Handy ist“. Umso mehr werden Angebote der Stille und der Auszeit wertgeschätzt, bei denen man sein Handy weglegt, Ruhe findet und sich auf das Wesentliche besinnt.

Vertrauen schaffen

Gleichzeitig gibt es gerade eine andere, sehr tiefgreifende Entwicklung: die Enttäuschung von der Kirche. Viele Menschen in meinem Umkreis schätzen das, was ich eben geschildert habe: Vertrauen und Zuversicht in schwierigen Zeiten durch den Glauben zu finden und Stille und Ruhe im Alltag. Aber sie möchten ihren persönlichen Glauben nicht von der gesellschaftspolitischen Debatte um die Kirche trennen. Es braucht wieder ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen jungen Menschen und den Vertreter*innen der Kirche.

Junge Menschen wollen sich nicht aus Prinzip von der Kirche abwenden – sie sind durchaus offen für neues Vertrauen.

Deswegen war mein Appell zu den Jesuiten beim Provinzsymposium klar:

Macht weiter und seid für junge Menschen eine Stütze auf ihrem Weg, ohne Druck den eigenen Glauben zu finden und weiterzuentwickeln. Schafft Vertrauen, indem ihr offen ansprecht, was euch in der katholischen Kirche nervt, was ihr gerne ändern würdet. Auch wenn sich dadurch nicht sofort institutionell etwas ändert, baut es jedoch wieder Vertrauen auf, wenn man weiß, dass man mit seiner Kritik nicht allein dasteht.

Foto: © David W/photocase.com


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