Nur 31 Prozent Frauen im Deutschen Bundestag – das muss sich unbedingt nach der nächsten Wahl ändern!
Was regen wir uns alle oft auf: über politische Entscheidungen, über die Kanzlerin, oder den Bürgermeister am Ort. Über die Chinesen oder die Russen. Wir reden so oft ganz pauschal von „der Politik“. Manchmal bin ich dann ganz wütend, wenn vor allem Männer so leidenschaftlich und natürlich immer „richtig“ pauschalieren. Dann grätsche ich dazwischen, schaue mir jeden genau an und frage: “Warum bist Du, warum sind Sie nicht in die Politik gegangen?“ Um dann gleich ehrlich anzufügen: „Ich auch nicht, ich bin Journalistin geworden und irgendwie auch stolz dass mich zu meiner aktiven Zeit alle demokratischen Parteien einmal angefragt haben, ob ich nicht „in die Politik“ gehen wollte.“ Wollte ich aber nicht. Wobei mir vollkommen klar ist, dass gerade in „der Politik“ etwas wirklich zu verändern ist.
Das könnten dann zum Beispiel die Frauen im Deutschen Bundestag. Mit ihren Redebeiträgen, mit ihrem Abstimmungsverhalten. Doch stopp: Da sind die Frauen so sehr in der Minderzahl, wie seit 20 Jahren nicht mehr. Von den 709 Abgeordneten im Jahre 2021 sind nur 221 weiblich. 31,2 Prozent … es ist eine Schande. Woran das liegt? Ganz einfach: an den Listen. An den Listen, die die Parteien in ihren Wahlkreisen aufstellen.
Paritätisch besetzte Listen müssen her
Engagierte Frauen fordern darum schon lange sogenannte paritätisch besetzte Listen. Das Reißverschlusssystem. Vor allem jetzt vor den Wahlen zum 20. Bundestag. Vor allem AfD und FDP müssten deutlich weiblicher werden. Wird aber nicht passieren, denn jeder Platz, den eine Frau einnimmt, der geht einem Mann verloren. Ach wie bitter! Mir kommen die Tränen …
Die Argumente, wir hätten doch eine Frau seit 16 Jahren als Bundeskanzlerin, die kann ich auch nicht mehr hören. Denn sie gehört damit zu den sage und schreibe ganzen sechs Prozent Regierungschefs weiblichen Geschlechts. Weltweit. Damit werden ganze 15 Länder der bestehenden 192 von Frauen geführt. Dass wir weltweit 52 Prozent der Bevölkerung ausmachen, erscheint an dieser Stelle wie Hohn.
Nach nun 41 Jahren in Zeitungen, Radioredaktionen und im Fernsehen weiß ich aus tiefster Überzeugung:
Nur eine Quote kann uns Frauen weiterhelfen.
Sicher, als 23jährige Volontärin einer regionalen Tageszeitung wollte ich alles andere als eine Quotenfrau sein. Ich hatte nicht im entferntesten eine Ahnung, dass Frau sein, Mutter sein und berufstätig sein in diesem deutschen Land schwierig sein könnte. Meine Mutter hat es mir Vollzeit im Beruf doch vorgemacht. Dass ich lange Zeit in allen Redaktionen immer die einzige Frau war, hat mich am Anfang auch noch nicht gestört. Zu sehr war ich mit den Kindern, dem Haushalt, der Organisation meines kleinen Lebens beschäftigt.
So viele qualifizierte Frauen, aber keine an der Spitze
Aufgewacht bin ich in der BR-Radio-Redaktion „Zeitfunk“. So viele qualifizierte Frauen – aber keine an der Spitze. Der ganze Sender: in fast allen Redaktionen geführt von Männern. In der ARD: damals weit und breit keine Intendantin. Jetzt sind es im Jahre 2021 wenigstens drei.
Und in der Bundespolitik? Da stellt sich zum zweiten Mal in der Geschichte eine Frau in den Ring und will Bundeskanzlerin werden. Die engagierte und kämpferische Annalena Baerbock. Für die Grünen. Die Partei, die einstens als erste die Quote eingeführt haben. Das viel zitierte Reißschluss-Verfahren. Ein Mann – eine Frau. Und so weiter. Dann erst kam mühsam genug die SPD auch auf diese Idee. Und die CDU-Frauen „freuten“ sich über die sogenannte „qualifizierte Quote“, was bedeutete, dass die Partei eine 30-prozentige Beteiligung von Frauen „andachte“. Qualifiziert, dies als Bedingung. Ich erinnere noch gut das gequälte Lächeln der damaligen Frauenministerin Rita Süssmuth. Oh no! Sie machte, wie damals alle CDU-Frauen, gute Miene zum abgekarteten Spiel.
Ohne Quote keine Veränderungen
Genau aber an dieser Stelle muss ich es nochmal sagen: Nur mit der Quote begannen die Veränderungen für Frauen in Richtung Gleichberechtigung und gleiche Teilhabe an der politischen Macht. Mit einer Quote in den Parteien, in den Vorständen, in den Aufsichtsräten, ganz allmählich in den Unternehmen – da konnten und kamen dann die jüngeren Frauen dran.
Quote ist ein mathematischer Begriff. Der hat nichts mit Charakter oder Begabung zu tun.
Andere Länder haben das längst vor uns in Deutschland erkannt. Vor allem die Frauen in Skandinavien sind wie selbstverständlich in den dortigen Parlamenten vertreten. In Finnland mit 42 Prozent, in Schweden mit 47 Prozent. Führend aber ist Ruanda, das kleine afrikanische Land, das uns allen als Schauplatz des schrecklichen Genozids der Hutus an den Tutsis in Erinnerung ist. Präsident Paul Kagame regiert dort sein Parlament mit einem Frauenanteil von 61 Prozent . Ausgelöst von dem „Protokoll für die Rechte von Frauen in Afrika“, das als sogenanntes Maputo-Protokoll die Afrikanische Union verabschiedet hat.
Ganz ehrlich: es ist noch viel zu tun.
Wir sind 52 Prozent, auf der Welt, und auch in Deutschland. Wir Frauen müssen überall da, wo sind und unsere Aufgaben sehen, auch paritätisch beteiligt werden. Und „Quote“ ist kein Schimpfwort ! Zeitlich begrenzt ist sie unsere einzige richtige Chance.
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