Maria von Welser

Von Welsers Meinung

Wir werden uns verändern müssen

Es ist November. Acht Monate schlagen sich auf der ganzen Welt schon die Menschen mit dem sehr oft tödlichen Covid-19-Virus herum. Genau zu dieser Zeit wird in den Vereinigten Staaten von Amerika ein neuer Präsident gewählt. 80 Prozent der Deutschen sind froh über den Wahlsieg von Joe Biden. Aber- der noch amtierende Präsident Donald Trump erkennt die Wahl nicht an, erzählt von Wahlbetrug und üblen Machenschaften. Man mag es nicht glauben. Dabei könnte die dramatische Zahl von 230 000 Toten durch das Corona-Virus in den USA schon tragisch genug sein. In den Vereinigten Staaten driftet der Graben in den Gesellschaften immer weiter auseinander.

Ich habe den Eindruck, dass das auch der gesamten Corona-Zeit geschuldet ist. Zwanzig Prozent der Deutschen Bürger wehren sich gegen die Corona-Verordnungen. Gehen ohne Mund- und Nasenschutz auf die Straße, Arm in Arm mit rechten Gruppierungen, ehemaligen Pegida-Demonstranten und Nazi-Anhängern. Es ist zum Verzweifeln.

Aber wie heißt es so schön: die Hoffnung stirbt zuletzt. So hoffe ich, dass sich Joe Biden durchsetzt und „heilen“ kann in den USA, die Republikaner einfängt und sie alle wieder zu einem „vereinigten“ Land werden lässt. Ich hoffe, dass wir alle, gut gegen das Virus geimpft, in eine neue Zeit gehen. Sicherlich anders. Vielleicht werden wir uns nicht mehr sofort umarmen und auf die Wangen küssen. Werden große Flugreisen nicht mehr antreten, sondern Deutschland und Europa besser kennenlernen wollen. Wieder dankbar in Kirchen gehen, die während der Corona-Zeit entweder geschlossen waren oder nur mit immensen Abständen besucht werden konnten. Das Händeschütteln könnten wir auch bleiben lassen und uns dafür wie die Asiaten höflich verneigen. Die Japaner sind da Weltmeister- der Winkel der Verbeugung signalisiert dem Gegenüber den Grad der Achtung. Wir könnten insgesamt achtsamer, vorsichtiger, liebevoller miteinander sein. Das wäre doch eine gute Vision nach den für so viele harten Corona-Pandemie-Zeiten. Die ja allemal doch besser auszuhalten waren, als die Dramen und Kriege der Großeltern und Eltern, oder?


Maria von Welser

ist Publizistin und ehemalige Leiterin des ZDF-Frauenjournals ML Mona Lisa. Die gebürtige Münchnerin (Jahrgang 1946) studierte Politologie und Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität. Nach Stationen beim „Münchner Merkur”, bei der Münchner „Abendzeitung” und beim Bayerischen Rundfunk rief sie 1988 im ZDF das erste Frauenjournal im deutschen Fernsehen „ML Mona Lisa“ ins Leben. Darauf folgten das ZDF-Ombuds-Magazin „Mit mir nicht! Welsers Fälle“ und drei Jahre als Auslandskorrespondentin des ZDF in London. Vom ZDF wechselte sie dann 2003 in die ARD und leitete bis 2010 als Direktorin das NDR-Landesfunkhaus Hamburg (Fernsehen und Hörfunk). In ihrem „dritten Leben“ ist sie als Buchautorin und Kommentatorin tätig. Ehrenamtlich engagiert sie sich u.a. bei UNICEF Deutschland (Vorstand bis 2014, jetzt im Komitee) und bis 2013 zehn Jahre im Hochschulrat der Universität Hamburg.  Seit 2015 lehrt sie an der Universität Paderborn in der Philosophie „Frauen, Krieg, Gewalt und Flucht und die mediale Wahrnehmung. Auszeichnungen (u. a.): 2019 Ehrendoktorwürde der Universität Paderborn, 1996 Publizistik-Preis München, Hans-Joachim-Friedrichs-Preis, Frau des Jahres, Courage-Preis, 2007 Elisabeth-Selbert-Preis, Sophie-la-Roche – Preis und 1996 Bundesverdienstkreuz. 2015 Ehrenmedaille der Bayerischen Staatsregierung für den Einsatz für Frauen in Europa.

Foto: Max Arens (Stern)

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