Ein Plädoyer für Effizienz und Verteilungsgerechtigkeit in der Kirche
Knappe finanziellen Ressourcen – darunter leidet die Kirche schon heute. Und es ist klar: Die Situation wird sich noch weiter verschärfen. Der erste Reflex ist: Einrichtungen und Projekte werden geschlossen und Gebäude abgegeben. Das spart Geld. Aber sind Kürzungen und Einsparungen wirklich ein aussichtsreiches Mittel, um mit der Knappheit umzugehen? Ein Kommentar von Björn Hirsch.
Ich durfte vor einigen Jahren eine Organisation aufbauen, die es sich zum Ziel gemacht hat, die Zusammenarbeit zwischen kirchlichen Akteuren in der Stadt zu fördern und so entstehende Synergieeffekte zu nutzen. Und das gelang auch. In kürzester Zeit konnten wir jährlich zwischen 3.000 und 15.000 Menschen mit Events und vielen weiteren Angeboten erreichen.
Natürlich entstanden hierfür auch Kosten. Immerhin gab es einen hohen Anspruch hinsichtlich der Professionalität und Öffentlichkeitswirksamkeit. Die Reaktion von Kolleg:innen: „Lohnt sich dieser Aufwand überhaupt? Können wir uns das leisten? Und was bringt es am Ende?“
Ich finde den Mechanismus, der hier greift, spannend: Sobald Kosten transparent werden, lassen sie sich leicht infrage stellen. Deshalb möchte ich hier, so ungewöhnlich es in kirchlichen Zusammenhängen auch sein mag, mal eine Kalkulation aufstellen.
Versteckte Kosten tun weniger weh?
Stellen wir uns vor, ein diözesanes Referat bietet im Jahr zwölf Jugendgottesdienste in verschiedenen Gemeinden eines Bistums an. Diese Angebote werden im Durchschnitt von 40 Personen der Zielgruppe besucht, was in heutiger Zeit schon eher hochgegriffen ist. Damit werden insgesamt 480 Jugendliche und junge Erwachsene erreicht. Die Kosten sind versteckt, aber sie sind da: Gehälter der Jugendreferent:innen, des Pfarrers und der pastoralen Mitarbeiter:innen vor Ort inkl. ihrer Büros und aller Fixkosten, laufende Kosten der Pfarrei und für den Erhalt der Kirche, Kosten für Werbung, Honorare, Dekoration, Technik, Energie, Verpflegung und vieles mehr.
Wenn man hier einmal die Ausgaben, insbesondere auch die Personalkosten, berechnen würde, kämen wir auf eine Pro-Kopf-Ausgabe, die weit über die der erwähnten Events läge, die pro Jahr das Zehnfache an Personen erreichen und deren Arbeit komplett durch Ehrenamtliche getragen ist.
Die Katholische Kirche in Deutschland gibt circa 75 Prozent ihres Jahresbudgets für Pfarreien und (Bildungs-)Einrichtungen inkl. Personal und Verwaltung aus. Das ist je nach Bistum eine höhere dreistellige Millionensumme.
Daher die Frage: Müssten wir beim Mitteleinsatz nicht viel mehr darauf achten, dass es eine Verteilungsgerechtigkeit gibt, dass ganz unterschiedliche Menschen von unserer Arbeit profitieren, dass jede:r für seinen Mitgliedsbeitrag auch etwas erhält?
Riskante Fixierung auf Sparen
Um in einem Gleichnis zu sprechen: Kirche darf sich in finanzieller Hinsicht nicht als der Sämann, der einseitig mit seiner Saat umgehen kann; Kirche hat Verantwortung für Finanzen. Und das bedeutet: Nicht einfach pauschal breit angelegte Personalstrukturen zu unterhalten, sondern auch nach deren Effizienz zu fragen. Es bedeutet, Angebote zu machen, die für den Einzelnen möglichst relevant sind. Und es bedeutet, nicht alles selbst machen zu wollen, sondern sich zu vernetzen und von den so entstehenden Synergien zu profitieren.
Eine Sparpolitik allein wird nur Einschränkungen bringen. Erst wenn die Frage nach Effizienz genauso maßgeblich bei Entscheidungen wird, kann Kirche wieder gestalten und wachsen. Mit Einsparungen allein wird sie eher schrumpfen.