Mertes’ Meinung

Wie gehen wir mit dem Hass um?

Schon seit einiger Zeit lässt mich die Sorge um das Gesprächsklima in unserer Gesellschaft nicht los. Eine der großen Fragen, die sich dabei aufdrängt, lautet: Woher kommt der Hass? Darüber kann man viel Kluges sagen. Aber genauso wichtig ist die Erkenntnis: Hass steckt an.

Ich bin in den letzten Jahren gelegentlich Ziel von Hassattacken geworden, von Verleumdungen, von Misstrauen, das sich in ehrverletzenden Unterstellungen äußert, und so weiter. Auch Medien, die als seriös gelten, machten mit. Das kann in der Reaktion auch zu Hass führen, sozusagen zu „Entgegnungs-Hass“, oder auch zu lähmendem Misstrauen, zu Radikalisierung der eigenen Sprache, zu Angst und Aggression.

Seit Hassgefühle mir selbst nicht unbekannt sind, schaue ich mit anderen Augen und höre ich mit anderen Ohren auf die öffentlichen Gespräche, Talkshows, Bundestagsdebatten bis hin zu den Satire-Sendungen hinein. Zu oft muss ich inzwischen ausschalten, weil ich mich von dem Ton nicht anstecken lassen will. Es muss ja irgendwann im Hass landen: Gegner verächtlich machen, Politikerinnen und Politiker als Trottel darstellen, Witze auf Kosten des guten Rufs Abwesender reißen, Porno-Sprache hoffähig machen, Faktenbehauptungen in die Welt setzen, immer alles besser wissen – ich beginne, mich nach einer Gesprächsatmosphäre zu sehnen, in der Menschen einander zuhören, nachfragen um besser zu verstehen, auch mal einen Moment Stille aushalten.

Dialog ist darauf angewiesen, dass die teilnehmenden Personen auf Distanz zur eigenen Meinung gehen, um sich dem Hören der anderen Meinung zu öffnen.

Mir scheint für den Kampf gegen den Hass die Frage nach den Ursachen des Hasses allein zu akademisch zu sein. Für die Praxis ist es wichtiger, ihn als Tatsache zur Kenntnis zu nehmen, um zur nächsten Frage zu kommen: Wie gehen wir mit dem Hass um? Der Hass, das ist nicht der Hass der anderen, sondern auch mein eigener Hass – oder doch wenigstens mein eigener Hang zu Misstrauen, verstärkt durch das verstörende Gesprächsklima im Lande, zu Unterstellungen und Verdächtigungen. Lasst uns einmal darüber sprechen!


ID ); $image = wp_get_attachment_image_src( get_post_thumbnail_id( $featured_post->ID ), 'quadratisch_cropped' ); $title = get_the_title( $featured_post->ID ); $content = get_the_content( null, false, $featured_post ); $content = apply_filters('the_content', $content); ?>

Weiterlesen

Tobias Zimmermann

Deutschland kann Zukunft

Der Ausstieg aus der Kernkraft ist ein richtiger Schritt. Er ist gelungen. Und das zeigt: Deutschland kann Zukunft.

weiter
Klaus Mertes

Gegen rechts

Klaus Mertes SJ hat mit Blick auf die Demonstrationen “gegen rechts” gespaltene Gefühle.

weiter
Klaus Mertes

»Kriegsverbrecher, Nazi, Jude«

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird auch in Deutschland als Kriegsverbrecher, Nazi oder Jude bezeichnet. Für Klaus Mertes ein klares Zeichen, dass es in Deutschland einen lebendigen Antisemitismus gibt.
(ukrainisch Володимир Олександрович Зеленський; * 25. Januar 1978 in Krywyj Rih, Ukrainische SSR, Sowjetunion) ist seit Mai 2019 der Präsident der Ukraine.

weiter