Transformation  

Hier wachsen Perspektiven

Warum Kirche auf der BUGA 23 präsent ist

Über den Köpfen flattert ein Dach aus unzähligen bunten Bädern, im Kreuzgang nimmt eine Klanginstallation Besucher mit in Natur und Stadt, zu den Menschen und zu Gott, und ein kleiner Bachlauf plätschert munter zwischen Kreuzgang und Kirchenschiff. Hier im MöglichkeitsGarten der evangelischen Landeskirche Baden und des Erzbistums Freiburg auf dem Spinelli-Gelände der BUGA lässt es sich wunderbar sitzen, die müden Füße kühlen – und mit Pfarrerin Nina Roller und Gemeindereferentin Barbara Kraus, den Initiatorinnen des Kirchenangebots auf der BUGA 23 in Mannheim, ins Gespräch kommen.

Warum ist Kirche auf einer Bundesgartenschau präsent?

Roller: Es ist eine langjährige Tradition bei Bundes- und Landesgartenschauen, die Kirchen einzuladen, eine Präsenz zu gestalten. Da ist eine hohe Verbundenheit der Veranstaltung gegenüber kirchlichem Leben.

Kraus: Ich glaube, für die Kirchen ist es ein wichtiger Aspekt, dahin zu gehen, wo Menschen sind und Zeit haben, sich mit Glauben zu beschäftigen. Wir erreichen mit dem MöglichkeitsGarten auf der BUGA Menschen, die in keine Kirche mehr kommen würden, aber auch Menschen, die nur ab und zu in den Gottesdienst gehen. Wir haben jetzt schon oft die Rückmeldung bekommen, dass Kirche hier anders, lebensnäher ist als an vielen anderen Stellen.

Roller: Das unterschreibe ich. „Gehet hin“ ist schließlich unser Auftrag. Ich denke, dass es beides braucht, eine Doppelstruktur: zum einen rauszugehen, dahin, wo Menschen sind, wo Kontaktflächen entstehen, an die Ränder von Kirche und darüber hinaus und Kirche entstehen zu lassen inmitten der Welt. Und wir brauchen gute Orte, wo Menschen zur Ruhe kommen können. Ich finde, der Möglichkeitsgarten vereint beides, das sind die Rückmeldungen.

Überall wird in der Kirche gekürzt, es geht um weniger Personal und weniger Gebäude. Wie passt es dazu, dass auf der BUGA ein neuer Kirchenort entstanden ist?

Roller: Ja, das ließe sich durchaus kritisch anfragen. Meine Erfahrung ist aber, dass neue kirchliche Orte mitten in der Welt auch eine große Selbstwirkung in der der Krise von Kirche haben. Der MöglichkeitsGarten zeigt: Hier sind wir, aus verschiedenen Gemeinden, in Kontakt mit vielen Menschen und Weltanschauungen. Das macht Spaß. Es ist gut. Auch nach innen ist es gut, solche Projekte zu machen und pragmatisch zu wagen. Wir können hier ein Exempel für eine gute Kirchenentwicklung statuieren.

Kraus: Wir leben ganz selbstverständlich Ökumene, das ist nach acht Wochen BUGA gar kein Thema mehr für uns. Eine Ökumene übrigens, die über die beiden großen christlichen Kirchen hinausgeht. Wir arbeiten interreligiös zusammen, das ist sehr bereichernd.

Wie reagieren die Besucher*innen auf den MöglichkeitsGarten?

Kraus: Wir erleben durchweg positive Reaktionen. Die Menschen werden von unserem Flatterdach angezogen. Sie wollen wissen, was das ist und sind überrascht, dass das Kirche ist. Viele Menschen haben auch über den Pfingstgottesdienst im Fernsehen mitbekommen, dass Kirche auf BUGA anders ist und wollen jetzt sehen, ob es wirklich so ist. Und ich merke immer wieder, dass der MöglichkeitsGarten ein sehr konzentrierter Ort ist, wo ein besonderer Geist spürbar ist.

Roller: Ich erlebe es auch so. Die Leute sind überrascht, dankbar und offen, auch spirituell-religiös offen. Wenn wir singen und beten, einen kurzen Impuls geben oder einen Segen zusprechen, nehmen das die Leute gerne an, auch viele Zaungäste. Mich freut es als Pfarrerin total zu erleben, dass wir mit dem, was wir zu verschenken haben, nicht zurückhaltend sein müssen, sondern es freigiebig in die Welt bringen können und es vielen Menschen guttut. Die Menschen kommen auf das Gelände, genießen die Stimmung, erleben, was dort für ein Geist erlebbar ist. Im zweiten Moment passiert dann: Das ist Kirche. Verschiedene Generationen sagen – das ist mein Lieblingsort auf der BUGA, das finde ich schön. Es ist ein interessanter, schöner Ort, der für verschiedene Leute funktioniert.

Kraus: Wir haben sogar schon Stammgäste zu unserem Sonntagsgottesdienst um 12 Uhr. Sie genießen das vielfältige Programm, quer durch die Gesellschaft mit einem abwechslungsreichen kirchenmusikalischen Programm, das es so in keiner Kirche gibt.

Roller: Wichtig ist – es geht uns nicht darum, den Gemeinden Mitglieder abzuwerben, sondern im Gegenteil, Gemeinden, Regionen, Seelsorgeeinheiten und Caritas-Projekte miteinzubeziehen und ein Transferraum, ein Netzwerkraum zu sein. Hier können sich Menschen, die in Kirche agieren und mit Kirche verbunden sind, vernetzen. Und das passiert. Das ist die Zukunft von Kirche, auch hier in Mannheim, dass es ein ökumenisches Netzwerk ist, das wir weiter ausbauen.

Der MöglichkeitsGarten ist als dem Grundriss einer Kathedrale angelegt. Wie ist die Idee entstanden?

Roller: 2018 haben wir ökumenische Workshops gemacht, auch zu ekklesiologischen Fragen wie „Wie sind wir Kirche?“, „Wie sind wir eine ökumenischen Kirche?“ und „Und wie wollen wir auf der BUGA Kirche sein?“ Das Ergebnis war der Wunsch nach Offenheit, Buntheit, Durchlässigkeit, Lebensfreude, nach Relevanz, nach einer lebendigen Kirche. Aus diesen Gedanken hat dann eine Bühnenbildnerin die Idee unseres MöglichkeitsGartens entwickelt – ein traditioneller Grundriss einer Kathedrale, auf dem eine bunte, offene, lebensfrohe und nachhaltige Kirche entstehen kann. Nachhaltigkeit war von Anfang an ebenfalls ein wichtiger Aspekt.

Nach acht Wochen BUGA – gibt es etwas, das sich anders entwickelt at als geplant?

Kraus: Ursprünglich haben wir gedacht, dass der acht Meter hohe Kirchturm das Erkennungszeichen des MöglichkeitsGartens wird, aber tatsächlich ist es das rote Flatterdach des Kreuzgangs. Es ist der Blickfang der BUGA geworden und zieht ganz viele Leute an. Dadurch, dass wir nicht ganz klar erkennbar sind, ergeben sich viele Gespräche über die Gestaltung und die Frage, was Kirche auf der BUGA macht.

Interview: Dr. Anette Konrad
Bilder: Johannes Vogt


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