Versöhnung  

Freiheit für Pater Stan Swamy SJ

Solidaritätsaktion zur Freilassung des inhaftierten indischen Jesuitenpaters

Unterstützer:innen weltweit fordern die Freilassung des erkrankten Pater Swamy sowie seiner 15 Mitangeklagten. Ihr „Verbrechen“: Einsatz für Menschenrechte und die Grundsätze der indischen Verfassung. Die Jesuitenmission hat zu einer Solidaritätsaktion aufgerufen: Zu seinem 84. Geburtstag sollen Pater Swamy Geburtstagskarten geschickt werden, die gleichzeitig an die indische Botschaft gehen. Auch das Team von „Sinn und Gesellschaft“ und des Ludwigshafener Heinrich Pesch Hauses haben Pater Swamy persönliche Worte geschickt und hoffen, dass der Leidensweg von ihm und seinen Mit-Inhaftierten möglichst bald beendet ist. Mit Jörg Alt SJ von der Jesuitenmission haben wir über die Gründe für die Inhaftierung und den Gesundheitszustand von Pater Stan Swamy sowie den Stand der Solidaritätsaktion gesprochen.

Pater Alt, der Jesuitenpater Stan Lourduswamy wurde letztes Jahr im Oktober von der indischen Bundespolizei festgenommen und ist noch immer im Gefängnis. Was sind die Gründe? Was steckt aus Ihrer Sicht dahinter?

Stan Swamy und die 15 mit ihm zusammen Verhafteten sind in Indien dafür bekannt, dass sie sich für die verfassungsmäßig garantierten Rechte der Adivasis („Ureinwohner“) und Dalits („Unberührbare“) einsetzen. Da in den Siedlungsgebieten der Adivasis auch Bodenschätze lagern, die kommerzielle Minenkonzerne gerne abbauen wollen, kam es immer wieder zu Konflikten zwischen Zentralregierung und Minenkonzernen auf der einen und den Adivasis und ihren Unterstützer:innen, also auch Pater Stan, auf der anderen Seite.

Da Pater Swamy mit seinen 84 Jahren und seinem jahrzehntelangen Engagement in Indien immer bekannter und als ein profilierter Kritiker solche Aktionen bekannt wurde, war absehbar, dass es irgendwann zu einem Showdown kommt.

Im vergangenen Jahr begann die Polizei dann neue Ermittlungen im Kontext einer Versammlung in Bhima Koregaon, die im Januar 2017 (!) zu gewalttätigen Ausschreitungen mit Verletzten und Toten führten. Die Polizei unterstellt nun Pater Stan und den zusammen mit ihm Verhafteten eine Mitverantwortung dafür, obwohl Pater Stan selbst nicht dort zugegen war. Am Abend vor seiner Verhaftung am 8. Oktober 2020 nahm Pater Stan noch ein Video auf, in dem er seine Sicht der Dinge schilderte, wohl wissend, was auf ihm zukam. Er sagte: „I am ready to pay the price, whatever it will be!”

Pater Stan Swamy
Pater Stan Lourduswamy SJ

Gibt es momentan Kontakt zu dem Inhaftierten? Wie ist sein Gesundheitszustand?

Pater Stan hat Parkinson, benötigt ein Hörgerät, hat Zahnprobleme sowie weitere Krankheiten, die ein hohes Alter von nunmehr 84 Jahren mit sich bringt. Die in seiner Zelle Mit-Inhaftierten kümmern sich um ihn und helfen ihm etwa beim Essen und den täglichen Hygieneverrichtungen. Da er in Untersuchungshaft ist, sind Außenkontakte beschränkt, aber über Anwälte und ausgewählte Mitbrüder möglich. Hin und wieder meldet er sich auch per Telefon oder mit einem kurzen Brief, den andere für ihn schreiben, bei seinen Mitbrüdern.

Sie haben eine Aktion gestartet und aufgerufen, Pater Swamy „Geburtstagskarten“ zu schicken. Warum gerade jetzt diese Aktion?

Seit der Verhaftung von Stan Swamy und seinen Mitstreitenden gibt es in Indien und weltweit Demonstrationen, Hungerstreiks, Mahnwachen, Briefaktionen und diplomatische Bemühungen um seine Freilassung. Diese Glückwunschaktion ist Bestandteil dieser fortlaufenden Bemühungen. Deshalb wird auch gebeten, das Glückwunschschreiben zweimal zu verschicken: Einmal an die indische Botschaft, um dort zu signalisieren, dass man um Stan Swamys Geschick weiß, und einmal an die Jesuitenmission in Nürnberg, damit wir die Glückwünsche auch tatsächlich über die indischen Jesuiten an Stan Swamy im Taloja-Gefängnis weiterleiten können.

Stand with Stan Jesuitenmission
Jörg Dantscher SJ (stlv. Leiter jesuitenweltweit), Klaus Väthröder SJ (Leiter JW) und Jörg Alt SJ (Mitarbeiter für Advocacy) vor einer Auswahl der eingegangenen Glückwünsche für Pater Stan.

Wer hat sich bisher an der Aktion beteiligt? Was versprechen Sie sich davon?

An der Aktion beteiligen sich Jesuitenkommunitäten in dem Gebiet der neuen Zentraleuropäischen Provinz, ebenso Schulen und Jugendgruppen. Letztere deshalb, weil Stan Swamy sich zeitlebens für die Bildung von Kindern und Jugendlichen eingesetzt hat. Ich gehe davon aus, dass die Poststellen der indischen Botschaften inzwischen größere Papierkörbe angeschafft haben, denn dass sie die Briefe tatsächlich an Stan weiterleiten, ist eher unwahrscheinlich. Sie werden aber nicht umhin kommen, an die indischen Regierung zu melden, dass in Europa der Ruf von Indien als „weltgrößter Demokratie“ akut Schaden erleidet.

Nicht nur heute, an seinem 84. Geburtstag, sind wir in Gedanken und Gebeten bei unserem Mitbruder Stan. Es ist offensichtlich, dass die indische Zentralregierung ein Exempel statuieren will. Der Fall Swamy macht der Weltöffentlichkeit deutlich, wie sehr Pluralismus, Meinungsfreiheit und die säkulare Verfassung Indiens durch die Ideologie des Hindunationalismus in Gefahr sind

Klaus Väthröder SJ, Missionsprokurator von jesuitenweltweit

Warum setzten Sie sich mit dieser Aktion für Pater Swamy ein?

Die Verhaftung Stans und seiner Freund:innen steht im Kontext der zunehmenden Repressalien seitens des hindu-nationalistischen und populistischen Indiens unter Premierminister Modi gegen ethnische und religiöse Minderheiten. Insofern geht es auch nicht nur um Stan und die 15 Mitstreitenden. Es geht vielmehr um die Frage, ob die verfassungsmäßig garantierten Rechte in Indien tatsächlich noch für alle Staatsbürger:innen gelten und ob jene, die dafür eintreten, den Schutz von Regierung, Polizei und Gerichten erhoffen können. Oder ob die Menschenrechte in Indien eben nicht mehr für alle gelten und ob jene, die dafür eintreten, mit Repressalien rechnen müssen. Und ob Indien sich nochmals auf seine ausgezeichnete, von einem Dalit geschriebene Verfassung besinnt, oder weiter in eine populistisch-religiös-nationalistische geprägte Autokratie abgleitet.

Das Interview führte Kai Stenull.

Fotos: Jesuitenmission


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