Einfach zuhören

Ein Impuls von Klaus Mertes zur Fastenzeit (1)

Ich bin der Meinung, dass man am besten Beziehung zu anderen Menschen aufbauen kann, indem man ihnen zuhört. Vielleicht ist Aufmerksamkeit das wertvollste, was wir einander schenken können. Einfach zuhören. Nicht bloß anhören, sondern zuhören, mit echter Anteinnahme. Mit dem Herzen zuhören. Einem Menschen mit seiner Geschichte Zeit schenken und Raum geben. Das ist oft viel wichtiger, als alle Einzelheiten einer Erzählung genau zu verstehen. Manchmal ist es besser, ein Detail nicht ganz genau zu verstehen und trotzdem aufmerksam bleiben. Das Stochern in Nebensächlichkeiten behindert die Aufmerksamkeit.

Was uns am meisten am aufmerksamen Zuhören hindert, das ist unser Geltungsbedürfnis. Wir hören nur äußerlich zu. Eigentlich sind wir schon während des Anhörens im angespannten Wartestand: „Wann hört er endlich auf mit Reden? Wann komme ich dran?“ Oft nehmen wir die Geschichte eines Menschen zum Anlass, unsere eigene Geschichte zu erzählen, obwohl sie mit der Geschichte des anderen gar nichts zu tun hat. Vielleicht kennen Sie das ja: Sie erzählen einer befreundeten Person etwas, was Ihnen wichtig ist. Kaum sind sie fertig, ruft die Person: „Genau so etwas habe ich auch erlebt!“ Und dann kommt eine völlig andere Geschichte. Sie merken: Der hat gar nicht zugehört. Und tatschlich, es stimmt ja: Er oder sie hat bloß gewartet, bis Sie fertig sind, damit er die eigene Geschichte erzählen kann.

Woran man gute Freunde erkennt

Besonders weh tun solche Erfahrungen, wenn man eine schmerzliche Geschichte zu erzählen hat. Gute Freunde und gute Freundinnen erkenne ich daran, dass ich ihnen erzählen kann, was mich bedrückt, und dass sie nicht schon sofort genau wissen, was ich jetzt am besten machen sollte. Vorschnelle Ratschläge sind oft ein Zeichen dafür, dass die andere Person gar nicht richtig zugehört hat.

Vielmehr halten gute Zuhörer meine Trauer aus, meine Tränen, meine Ratlosigkeit. Sie beschwichtigen nicht. Sie wimmeln nicht ab. Sie können schweigen. Sie ertragen die eigene Ratlosigkeit. Sie werden auch nicht ungeduldig, wenn die Trauer nicht schnell weicht, sondern bleibt.

Ich wünsche Ihnen Menschen, die ihnen aufmerksam zuhören. Und ich wünsche Ihnen auch umgekehrt, dass es Ihnen gelingt, anderen Menschen bewusst zuzuhören. Das trägt für das Entstehen guter Beziehungen mehr bei als noch so gut gemeinte Worte. 


ID ); $image = wp_get_attachment_image_src( get_post_thumbnail_id( $featured_post->ID ), 'quadratisch_cropped' ); $title = get_the_title( $featured_post->ID ); $content = get_the_content( null, false, $featured_post ); $content = apply_filters('the_content', $content); ?>

Weiterlesen

3
28.03.2024 Versöhnung
Tobias Zimmermann

»Ihr werdet mich nicht los!«

Es ist wirklich eine „verbeulte“ Kirche, wie Papst Franziskus sagt, mit der wir unterwegs sind. Aber diese Kirche sind nicht „die anderen“. Ich bin Teil davon, obwohl ich mich nicht erst seit gestern oft nicht daheim fühle oder dem Wunsch aktiv widerstehen muss, mich zu distanzieren. Aber sie wird mich nicht los, und ich sie nicht! – Ein ganz persönlicher Kar- und Ostertext von Tobias Zimmermann SJ

weiter
19.03.2024 Versöhnung
Nürnberg St. Clara

Was sagt das Magnifikat über Maria?

Die Evangelien berichten über Maria auf unterschiedliche Weise, und das Magnifikat, der Lobgesang Marias, ist eines der biblischen Bilder, das Maria prägnant kennzeichnet. ­Allerdings hat Maria wohl kaum das Magnifikat gedichtet. Der Jesuit Klaus Vechtel wirft einen näheren Blick auf eines der bekanntesten Gebete der Menschheit.

weiter
12.03.2024 Zusammenleben

»Es geht um jeden Menschen«

Jedes Jahr verlassen in Deutschland laut einer Studie des Bildungsforschers Klaus Klemm rund 50.000 junge Menschen die Schule ohne Berufsreifeabschluss. Keinen Abschluss zu haben bedeutet gleichzeitig eine ungewisse und oft schwierige berufliche und persönliche Zukunft. Hier will das Ludwigshafener Heinrich Pesch Haus gemeinsam mit der Stiftung Jugend.Hafen mit dem Projekt „LU can learn“ helfen.

weiter