Die Natur als Lebenselixier
Schon als Kind hat der Jesuitenpater Albert Holzknecht SJ die Liebe zur Natur entdeckt. Das Unterwegssein in der Natur ist für ihn eine Suche nach den Spuren Gottes in der Welt.
Da ich auf einem Bergbauernhof in der Nähe von Meran in Südtirol aufgewachsen bin und es in meiner Kindheit noch keine Straße zu unserem Hof hinauf gab, bin ich schon sehr früh zum Wandern und Bergsteigen gekommen. Zunächst waren es die Gipfel in der Texelgruppe, die ich nach und nach erklommen habe, und später dann die Gipfel in der Ortlergruppe und in den Westalpen. Auch im Winter war ich viel draußen unterwegs. Die Nachbarbuben und ich haben uns die Skipisten auf den Wiesen selbst getreten. Und in den Weihnachtsferien gingen wir zum Schifahren hinauf auf die Alm.
Wandern und Bergsteigen hielten mich zum einen körperlich fit, zum anderen verschafften sie mir eine willkommene Abwechslung zum Arbeitsalltag und ließen mich die Schönheit und die Wunder der Schöpfung entdecken. Gleichzeitig zeigte mir das Bergsteigen auch Grenzen auf, wenn mir zum Beispiel die Kraft ausging, ich an unpassierbare Stellen kam oder das Wetter plötzlich umschlug. Nach und nach lernte ich auch Gefahren besser einzuschätzen und damit umzugehen. Oft war und bin ich allein unterwegs. Dann kann ich in meinem eigenen Tempo gehen, stehenbleiben und verweilen, wann und wo es für mich passt.
Auf die Natur und sich selbst hören
Viel öfter war und bin ich mit anderen unterwegs, mit Kolleginnen vom Alpenverein sowie mit Freundinnen. Sollte einem etwas passieren, dann ist man nicht allein, und beim Wandern und Bergsteigen ergeben sich oft tiefe Gespräche. Andererseits ist es auch eine interessante Erfahrung, gemeinsam im Schweigen zu gehen. Das wird mir immer wieder bei den Wanderexerzitien mit jungen Leuten deutlich. Schweigen ist ein wichtiges Element bei dieser Exerzitienform, um auf die Stimmen der Natur zu lauschen und auf sich selbst zu hören.
Unterwegssein in der Natur bedeutet schließlich für mich, die Spuren Gottes in dieser Welt zu entdecken.
„Von der Größe und Schönheit der Geschöpfe lässt sich auf ihren Schöpfer schließen“, heißt es im Buch der Weisheit. Wenn ich auf einem Berggipfel stehe und mein Blick über Berge und Täler schweifen lasse oder wenn ich die Blumen- und Tierwelt in den Bergen betrachte oder wenn ich im Winter mit meinen Tourenski durch eine unberührte Winterlandschaft ziehe, dann gerate ich ins Staunen und mein Herz weitet und erhebt sich zu Gott, zum Urheber all dieser Schönheit. Und ich kann nur stets wiederholen, was der ehemalige Innsbrucker Bischof Reinhold Stecher sagte: „Viele Wege führen zu Gott. Einer geht über die Berge.“
Das Jesuiten-Magazin
Dieser Beitrag ist entnommen aus Heft 4/2023 vom Jesuiten-Magazin. Der Schwerpunkt der Ausagbe liegt sich diesmal bei Lebenselixiere: Es kommen Menschen zu Wort, die von ihren Lebenselixieren erzählen – Dinge, Themen und Bereiche, in denen sie Weite erfahren und zu sich selbst (und zu Gott) finden.
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Foto: © SJ Bild / Dr. Christian Ender