Durch Förderung der Dankbarkeit seelische Gesundheit auch in Krisenzeiten aufrechterhalten
Die alltägliche Beobachtung zeigt immer wieder:
Nicht die glücklichen Menschen sind dankbar,
sondern die dankbaren sind glücklich.
Im Rahmen eines Selbsterfahrungsprogramms, an dem wir teilgenommen haben, hatten wir die Aufgabe, jeden Abend ein paar Begebenheiten aufzuschreiben, die uns erfreut haben und wofür wir dankbar sein konnten: die singende Amsel vor dem Fenster, der freie Parkplatz, die gelungene Arbeit, das Telefonat mit dem Freund, die Geborgenheit im Kreis unserer Lieben …
Diese Erfahrung führte bei uns zu einem tiefgehenden Effekt: Je länger wir aufschrieben, desto mehr nahmen wir Dankenswertes in unserem Alltag wahr. Unser Fokus verschob sich mehr und mehr auf das Positive und das Stichwort Dankbarkeit begleitet uns seitdem zunehmend.
Nicht die Lebensereignisse sind wichtig, sondern die Art wie wir mit ihnen umgehen
Vor zwei Jahren haben wir uns deshalb entschlossen, einen Kurs in Dankbarkeit in Form eines Dankbarkeitstagebuches zu gestalten, um diese grundlegende Erfahrung mit vielen anderen zu teilen: einerseits ein Mehr an guter Laune, Optimismus, harmonischen sozialen Kontakten, Selbstvertrauen, sowie ein Grundgefühl von Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens. Andererseits weniger Angst, Depression, Hoffnungslosigkeit, innerer Getriebenheit und Stress. Schwierige Situationen und schmerzliche Ereignisse sind nach wie vor schwierig und schmerzlich, aber weniger überwältigend.
Unseren Glückslevel können wir tatsächlich dauerhaft anheben. Dazu müssen wir lediglich den Fokus unserer Wahrnehmung vom Negativen zum Positiven verschieben.
Ein Einwand
Heißt das, man sollte alles Negative in der Welt ignorieren? Nein. Es gilt aber, sich nicht davon überwältigen zu lassen und somit das gleichermaßen existierende Positive nicht zu übersehen. Natürlich ist es wichtig, Unrecht, Gewalt und Gefahr – alles, was unser persönliches oder gemeinschaftliches Glück bedroht – klar zu sehen und zu benennen und da, wo es möglich ist, zu verändern.
Auch die materiellen Gegebenheiten schätzen
Interessant waren für uns auch die Forschungsergebnisse, die zeigten, dass äußere (materielle) Umstände nur dann von Bedeutung für unser Glücksempfinden sind, wenn ein Mensch sich in wirklich existenzieller Not befindet und dann eine Verbesserung seiner Lebensumstände eintritt. Ob jedoch ich, ein Mensch, der in angenehmen Umständen lebt, das neueste, das allerneueste oder nur das drittneueste Smartphone besitzt, hat auf mein grundlegendes Lebensgefühl tatsächlich keinen Einfluss. Viel wichtiger sind hierfür die zwischenmenschlichen Beziehungen, eine erfüllende Arbeit und Naturbezug.
Dennoch ist es gesund und gut, auch die materiellen Dinge wertzuschätzen, dankbar wahrzunehmen, was wir alles haben. So haben wir mehr Freude daran und schielen nicht ständig nach dem besseren, schnelleren, größeren, raffinierteren Modell. Wir gehen mit den Dingen pfleglicher um, was ihre Lebenszeit verlängert, was uns wiederum Geld und somit Erwerbsarbeit spart und außerdem die Ressourcen unseres Planeten schont.
Dankbarkeit kennt keine Begrenzungen
Dankbarkeit können wir empfinden für das Gegenwärtige, Vergangene und sogar für das Zukünftige! Dankbarkeit kann einen Adressaten haben, muss es aber nicht. Dankbarkeit können wir empfinden für ein schönes Erlebnis oder gegenüber einem anderen Menschen. Darauf muss das Dankbarkeitserleben aber nicht begrenzt sein. Die Erfahrung vieler Menschen, die ihr Dankbarkeitsempfinden bewusst pflegen, zeigt, dass sie in zunehmendem Maße ein allgemeines, alles durchdringendes Lebensgefühl von Zufriedenheit entwickeln, das nicht so leicht zu erschüttern ist. Dankbarkeit, in ihrer gesunden Form, vertieft das Gefühl der Verbundenheit mit sich selbst und mit all dem, was um uns herum ist. Sie macht das Herz weit und ist fern von Gefühlen der Schuld oder Pflicht.
Die gute Nachricht: Dankbarkeit kann man üben
Und das Schöne ist, Dankbarkeit lässt sich wirklich üben. Im Folgenden haben wir die sieben effektivsten Wege dazu aufgelistet:
Aufschreiben hilft. Wenn wir möglichst regelmäßig erfreuliche, erfüllende Erlebnisse notieren, lernt das Unterbewusstsein das Gute in unserem Leben deutlicher wahrzunehmen.
Achtsamkeit hilft. Viel Gutes in unserem Leben ist uns so selbstverständlich, dass wir es kaum noch wahrnehmen. Durch erhöhte Achtsamkeit wird uns dies wieder bewusst.
Entschleunigung hilft. Innehalten, Pausen einlegen, Seelenzeit, Momente der Stille – sie erzeugen die psychophysiologische Voraussetzung, um Dankbarkeit spüren zu können.
Wertschätzung hilft. Es fällt den meisten Menschen leicht zu kritisieren. Eine gute Übung ist es, bei Menschen oder Situationen, die uns unangenehm sind, nach einem guten Aspekt Ausschau zu halten.
Das Schreiben von Dankbarkeitsbriefen hilft. Welchen Menschen in unserem Leben haben wir noch nie den gebührenden Dank ausgesprochen? Holen wir es nach. Den Brief können wir tatsächlich abschicken oder auch nicht. Hilfreich ist bereits, ihn zu schreiben.
Das Gute im Schwierigen sehen können hilft. Manchmal können wir erst rückblickend erkennen, welches Geschenk ein Unglück uns gebracht hat.
Im Alltag öfter mal „danke“ sagen hilft. Sich selbst „danke“ sagen zu hören, führt dazu, vertieft Dankbarkeit zu empfinden. Und es stärkt alles Positive in dieser Welt.
Letztendlich …
… ist gelebte Dankbarkeit ein zutiefst heilendes Lebensgefühl. Sie ist etwas, das uns ständig durchströmt. Wir sind nicht mehr dankbar für dies oder für jenes, wir sind einfach dankbar. Der Strom ist mal deutlicher spürbar, mal tiefer in den unterirdischen Gefilden vergraben. Aber immer versorgt er uns mit einem tiefen Gefühl von Frieden.
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Kowarowsky, G., v. Puttkamer, C. (2020)
Ein Kurs in Dankbarkeit – in 108 Tagen Zuversicht gewinnen, innere Stärke aufbauen und Zufriedenheit finden. Ein angeleitetes Einschreib-Tagebuch