Zusammenleben  

You are a rolemodel

Warum wir und die Gesellschaft Vorbilder brauchen

Wir sind alle Vorbilder! Vorbilder, für all die kleinen und großen Menschen, mit denen wir tagtäglich in Kontakt sind. Wir werden beobachtet und Menschen schauen sich bei uns ab, wie man etwas macht. Oder, wie man kommuniziert, Vertrauen schenkt, Vertrauen bildet, authentisch ist, glaubwürdig und noch vieles mehr. Bewusst oder unbewusst und in all den Situationen, die das Leben ausmacht. Hauptsächlich Kinder und jüngere Menschen schauen uns auf die Finger, aber auch Menschen, die wir bereits auf dem Weg wähnen.

Wie etwa in einem Team von Arzthelferinnen, die sich in der Zusammenarbeit auf einem Minenfeld bewegten. Ich fragte die Auszubildende, ob sie ihre Kolleginnen beobachtet, sich etwas abschaut „wie man Konflikte löst“. Ob sie davon ausgeht, dass so Kommunikation und Arbeit in einer Praxis abläuft. Sie bejahte. Die anderen waren ihr ein Vorbild dafür, aber das Team blickte erstaunt, denn die älteren Kolleginnen hatten diese Aspekte der gemeinsamen Arbeit nicht realisiert.

Bewegen wir uns mit anderen Menschen, dienen wir in kleinen und großen Momenten, in kurzen Zusammenhängen (wie an der roten Ampel) als Vorbild. Damit ist ein wichtiger Begriff gefallen: dienen.

Vorbild zu sein, ist keine ehrenvolle Anerkennung, sondern eine Rolle, die ein Mensch verantwortungsvoll annimmt.

Eine Gesellschaft, die sich entwickeln möchte, braucht Menschen, die sich nicht nur als Role-Modells verstehen oder als Mentoren und Mentorinnen zur Verfügung stellen, sondern Menschen, die sich ihrer Wirkung bewusst sind. Am besten tun das alle – denn es braucht ein gesellschaftliches breites Bewusstsein dafür, dass wir hier in der Welt nicht nur zusammen, sondern miteinander verbunden sind. Je mehr Menschen sich dieses Auftrags bewusst sind, umso mehr kann eine Gesellschaft profitieren.

Der Ur-Gedanke des Mentoring, der auf die Odysseus-Sage zurückgeht und der darauf basiert, dass ein älterer Mensch sich bewusst für einen jüngeren zur Erfahrungsweitergabe zur Verfügung stellt, geht damit über die Tandem-Programme von Institutionen, Stiftungen und Unternehmen hinaus. Das Verständnis ist dann tief in der Gesellschaft selbst verankert. Dafür braucht es ein Bewusstsein bzw. eine Bewusstwerdung.

Ohne Vorbilder geht es nicht

Wir brauchen Vorbilder, die uns zeigen und begreifbar machen, auf welche Weise sich Leben und Karriere als Einheit gestalten lassen – wie man dabei sich selbst, seiner Spiritualität, seinem Glauben, den eigenen Werten treu bleibt. Familie bedeutet nicht nur Kinder, sondern auch Eltern, Freunde, Tiere. Das ist keine Altersfrage, nicht auf Kinder, Jugendliche und Auszubildende begrenzt.

Auch ich – die 60 Jahre habe ich inzwischen überschritten – halte Ausschau nach Menschen, die mehr Erfahrung mit dem Älterwerden haben als ich. Ich sehe mich um, höre ihnen zu, will mich anregen lassen und sammle damit Ideen für eine Altersphase, die wohlwollende und selbstliebende Gestaltung braucht. Ich will ein Alter leben, das zu mir passt. Um Vorbilder zu finden, muss ich gut schauen und interessiert sein. Das ist kein Zeitgeistthema – das ist Lerntheorie.

  • Wir wählen uns ein Vorbild, in dem wir etwas von uns wiederfinden, mit dem uns eine gewisse Ähnlichkeit verbindet.
  • Wir wählen ein Modell, wenn wir uns von der Übernahme dessen Verhaltens etwas versprechen. Man nennt dies Ergebniserwartung.
  • Wir wählen uns ein Modell, von dem wir überzeugt sind, dass wir ihm erfolgreich nacheifern können. Dies nennt man Kompetenzerwartung.

Die Vorbilder, die uns ansprechen, sagen also nicht nur etwas darüber aus, wie wir werden möchten, sondern sie geben uns auch Hinweise darauf, wie wir bereits sind.

Reflektiert gibt uns der Abgleich einen Hinweis, wie wir jetzt im Leben stehen. Was wir uns vom Leben wünschen und was wir selbst weitergeben wollen. In diesem Denken wird jeder Mensch zu jeder Zeit von anderen Menschen angeregt und gibt gleichzeitig Anregung zurück. Sich ein Vorbild zu wählen, ist eine höchstpersönliche und ganz intime Angelegenheit. Vorbilder können nicht verordnet werden. Und weil wir gewählt werden und es manchmal nicht bemerken, ist es gut, gut zu sein. Zu sich und zu anderen.

Akademie für Frauen Logo

Christine Weiner ist im Januar 2023 zu Gast in der Akademie für Frauen im Ludwigshafener Heinrich Pesch Haus:

Von Freitag, 6. Januar 2023, bis Samstag, 7. Januar 2023, wirkt sie beim Wochenendseminar für Frauen „Bei mir sein im Wechsel“ mit, am Montag, 9. Januar 2023, spricht sie im virtuellen „Frauensalon“ über „Mehr Sichtbarkeit durch Selbstrespekt“.

Foto: © David-W/photocase.com


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Es ist wirklich eine „verbeulte“ Kirche, wie Papst Franziskus sagt, mit der wir unterwegs sind. Aber diese Kirche sind nicht „die anderen“. Ich bin Teil davon, obwohl ich mich nicht erst seit gestern oft nicht daheim fühle oder dem Wunsch aktiv widerstehen muss, mich zu distanzieren. Aber sie wird mich nicht los, und ich sie nicht! – Ein ganz persönlicher Kar- und Ostertext von Tobias Zimmermann SJ

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19.03.2024 Versöhnung
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Was sagt das Magnifikat über Maria?

Die Evangelien berichten über Maria auf unterschiedliche Weise, und das Magnifikat, der Lobgesang Marias, ist eines der biblischen Bilder, das Maria prägnant kennzeichnet. ­Allerdings hat Maria wohl kaum das Magnifikat gedichtet. Der Jesuit Klaus Vechtel wirft einen näheren Blick auf eines der bekanntesten Gebete der Menschheit.

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12.03.2024 Zusammenleben

»Es geht um jeden Menschen«

Jedes Jahr verlassen in Deutschland laut einer Studie des Bildungsforschers Klaus Klemm rund 50.000 junge Menschen die Schule ohne Berufsreifeabschluss. Keinen Abschluss zu haben bedeutet gleichzeitig eine ungewisse und oft schwierige berufliche und persönliche Zukunft. Hier will das Ludwigshafener Heinrich Pesch Haus gemeinsam mit der Stiftung Jugend.Hafen mit dem Projekt „LU can learn“ helfen.

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