Warum Mose und Christus mein Vorbild als Bürgermeister sind – und wie der Glaube mein politisches Handeln trägt
Inmitten von gesellschaftlicher Spaltung, Ideologisierung, Gottlosigkeit und Hass, persönlichen Angriffen und politischen Krisen schöpfe ich meine Kraft nicht aus Macht, sondern aus dem Glauben. In diesem Essay zeige ich, warum Mose und Christus mehr sind als Figuren der Bibel – sie sind lebendige Wegweiser und stehen für eine werteorientierte, mutige, zuversichtliche, menschennahe und lösungsfokussierte Führung in herausfordernden Zeiten.
Politik braucht Haltung – und Hoffnung
Ich bin Bürgermeister einer kleinen Stadt auf der Ostalb. Und ich bin gläubiger Christ. Für mich ist das kein Widerspruch – im Gegenteil: Mein Glaube ist die Grundlage meines politischen Handelns.
Täglich erlebe ich, wie schnell Sprache zur Waffe wird. Wie Debatten verrohen. Wie sich Menschen zurückziehen oder in ideologische Lager flüchten. Gerade in solchen Zeiten ist es wichtig, Haltung zu zeigen – und Hoffnung zu geben. Beides finde ich im Glauben – und in den Geschichten von Mose und Jesus.
Mose – der Diener, der sich selbst zurücknimmt
Mose ist für mich ein Vorbild, weil er trotz aller Zweifel, aller Kritik und Bedrohungen seinem Auftrag treu geblieben ist. Das Volk, das er aus der Sklaverei führte, schimpfte über ihn, drohte ihm mit dem Tod – und doch trat er für sie ein. In 2. Mose 32 bittet er Gott: „Vergib ihnen ihre Schuld – wenn nicht, dann streiche mich aus deinem Buch.“ Das bewegt mich tief und lehrt mich, den als Mandatsträger müssen wir auch unsern Auftrag treu bleiben.
Führung ist ein bedeutender und ehrenvoller Auftrag. Sie bedeutet für mich, bereit zu sein, auch dann zu tragen, wenn man selbst verletzt wird. Nicht mit Härte, sondern mit Demut und Empathie. Nicht mit Macht, sondern mit Geduld, lösungsorientiert – und mit einem klaren Blick auf das Ziel. Das ist schwer – aber es ist richtig und möglich.
Jesus – der König, der die Füße wäscht
Jesus vollendet dieses Bild der dienenden Führung. Er begegnet den Menschen auf Augenhöhe. Er richtet auf, wo andere verurteilen. Er dient – selbst denen, die ihn verraten.
Als Mandatsträger werde ich oft angegriffen – persönlich, verletzend. Aber mein Maßstab ist nicht die Reaktion, sondern die Haltung: Ich bete für die, die mir Böses wollen. Ich will lieben, wo andere spalten. Ich will zuhören, wo andere verurteilen. Das gelingt nicht immer. Aber es ist mein Ziel – und es ist möglich. Denn wie Ignatius von Loyola sagte: „Die meisten Menschen ahnen nicht, was Gott aus ihnen machen könnte, wenn sie sich ihm nur zur Verfügung stellen würden.“
Nicht Schwäche, sondern Führung: Wenn Liebe zurückkehrt, wo Hass war
Führung heißt nicht, immer beliebt zu sein. Wer Entscheidungen trifft, trägt Verantwortung – und wird angreifbar.
Ich habe das in den vergangenen Jahren sehr direkt erlebt.
Beispiel: Bei der Einschränkung des Winterdienstes aufgrund finanzieller und personeller Engpässe schrieb mir jemand: „Pfui, der Teufel steht vor Ihnen!“ Als wir eine dringend notwendige Sanierung des Freibads in Angriff nahmen – nach über 40 Jahren Dauerbetrieb mit veralteter Technik – erreichten mich wütende Mails mit Vorwürfen, ich wolle das Freibad „für immer schließen“. Ähnlich war es bei einer Straßensperrung für unaufschiebbare Bauarbeiten: Es hagelte harsche Kritik bis hin zu Drohungen.
Aber genau hier zeigen sich für mich die Vorbilder Mose und Jesus. Mose wurde beschimpft und bedroht – und trat dennoch für das Volk ein. Jesus wurde verspottet und verraten – und antwortete mit Liebe und Lösungen.
Auch ich versuche, die Menschen hinter dem Zorn zu sehen. Ich glaube: Wer schreit, leidet. Wer hasst, hat Angst. In schimpfenden, verletzenden Botschaften suche ich nach dem, was die Menschen wirklich bewegt. Was sie brauchen. Wie ich ihnen helfen kann. Ich bete für sie – und suche Lösungen für ihre Sorgen. Das schenkt mir inneren Frieden – mit ihnen und mit mir selbst.
Dienen und lieben trotz Hass ist keine Schwäche. Es ist Stärke. Es ist pflichtbewusste und verantwortungsvolle Führung.
„Dienen heißt: nicht zurückschlagen, sondern mit Zuversicht die Richtung geben – auch gegen den Wind.“