Seit 2006 beten sie täglich um die gleiche Zeit für Frieden und setzen damit ein Zeichen der Hoffnung: die Schwestern im Berliner Karmel bei der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum. Sr. Mirjam Fuchs OCD berichtet von ihren Erfahrungen.
Grell blau mit einer Currywurst auf dem Einband, ein Reiseführer für Berlin in der 13. Auflage. In der Beschreibung des Verlags heißt es: „Kein Mensch wird jemals fertig mit dieser Stadt. Aber es lohnt sich, sie immer wieder neu zu entdecken! Dieses Buch zeigt den Weg zu 111 unbekannten, skurrilen und spannenden Orten.“
Dazu gehören vier Kirchen, eine davon ist unsere Gedenkkirche Maria Regina Martyrum. Neben aussagekräftigen Fotos steht ein guter Artikel über unsere Kirche, den wir durch Zufall entdeckt haben. Der letzte Satz lautet: „Es tut gut zu wissen, dass mitten in dem unfassbar großen Berlin jeden Tag um die gleiche Zeit für Frieden gebetet wird.“ Krieg, Gewalt, Terror in der Welt. Hilflosigkeit, Ohnmacht und Angst breiten sich aus. In vielen Menschen wächst dabei auch der Wunsch, in Gemeinschaft ein Zeichen der Hoffnung und des Friedens zu setzen, für den Frieden zu beten.
Das war der Grund, warum wir Schwestern im Berliner Karmel bei der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum im Juli 2006, als der Krieg im Libanon begann, unser Mittagsgebet mit dem Lied von Martin Luther abschlossen: „Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu unsern Zeiten. Es ist doch ja kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du, unser Gott, alleine.“
Tag für Tag: Gebet
Tag für Tag beteten wir, sangen wir dieses Lied – und tun es bis heute. Uns schlossen und schließen sich Menschen an, die in der Hilflosigkeit angesichts von Terror und Gewalt doch etwas tun wollen: beten, gemeinsam, da wo gebetet wird. In Gemeinschaft ist es leichter, einer Hoffnung Ausdruck zu verleihen, einer Hoffnung, die wir nicht aufgeben möchten, nicht aufgeben dürfen: die Hoffnung auf Frieden, den umfassenden Schalom. Unsere Sicherheiten sind zerbrechlich, Ordnungen gefährdet.
Wo lassen wir unsere Hilflosigkeit und Angst?
Wütend, ja fassungslos, erleben wir, wie Machthaber die Freiheit und das Leben vieler Menschen gefährden. Seit über einem Jahr wütet auch am Rande Europas ein furchtbarer Krieg. Wie geht es weiter? Was können wir tun, das helfen oder etwas bewegen könnte?
Schon in den Psalmen flehten, ja schrien Menschen zu Gott.
Sieht Gott unsere Not? Sieht Gott unsere Angst?
Gott, es reicht: Ukraine, Sudan, Mali, Syrien, Afghanistan, Kolumbien, Myanmar, Somalia … endlos könnten wir weitere Terror- und Kriegsschauplätze aufzählen. „Die Welt steht in Flammen!“ (Teresa v. Avila) Die ganze Not und Hilflosigkeit schreie ich hinaus. Ich hoffe, dass er hört. Gott, der sagt, dass er da ist und sieht – uns sieht, das Elend sieht.
„Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen.
Woher kommt mir Hilfe?
Meine Hilfe kommt vom Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.
… der dich behütet, schläft nicht.“ (Psalm 121)
Schweigt er – unser Gott? Schläft er – unser Gott?
Eine junge Frau aus der Ukraine, die seit einiger Zeit in Berlin lebt, ihre ganze Familie in der Ukraine zurücklassen musste, betet oft mit uns in der Krypta unserer Gedenkkirche. Sie ist voller Trauer, sagt aber, sie ist im Frieden und hofft, dass Gott helfen wird.
Ich möchte mit ihr hoffen und weiter beten um Frieden.
Das Jesuiten-Magazin
Dieser Beitrag erschien in Ausgabe 1/2023 vom Jesuiten-Magazin. Pro Jahr erscheinen vier Ausgaben des Magazins – ein Themenschwerpunkt wird jeweils aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet, dazu kommen Nachrichten rund um das Wirken des Ordens. Sie können das Magazin kostenlos abonnieren.
Foto oben: Eingangsportal der Kirche Regina Martyrum in Berlin
© Alexrk2 – CC BY-SA 3.0