Warum wir Hoffnung nicht mit Optimismus verwechseln sollten
Wenn mich etwas verändert hat nach meiner Krebsdiagnose und -behandlung (Herbst 2017 bis Sommer 2019), dann meine absolute Allergie gegen Floskeln und Phrasen, und seien sie noch so fromm. Im Arsenal immer gültiger Sprüche habe ich selbst oft gestöbert in bald dreißig Priesterjahren: weil sie schnell zur Hand sind und immer passen. Das ist ganz praktisch. Vor allem, wenn Unfälle, Schicksalsschläge, Krankheiten Worte zum Ersticken bringen. In langen Nächten in der Klinik, in denen mir viel durch den Kopf ging, oder bei Schmerzen oder unfeinen Handicaps, fragte ich mich: Was hält – wirklich? Was trägt – wirklich? Was tröstet – wirklich? „Wirklich“ heißt: tatsächlich – und wirksam. Nicht eingeredet also oder insinuiert.
Wie schnell zitieren wir das Wort von Paulus an die Gemeinde in Rom: „Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen“ (Röm 5,5). Was heißt das – wirklich? Es gibt andere Stellen. Helfen sie? Überzeugen sie?
Da ich nicht dabei war, habe ich sie nachgehört in unserer Mediathek, die Predigten von P. Manfred Hösl SJ aus Berlin, die er zum Faschingstriduum in St. Michael in München gehalten hat, im März 2022. Ich stolperte über einen Ausdruck, und er beschäftigt mich seither: Christen seien – es klingt leicht evangelikal, aber es hallte nach – „eine GmbH“: „eine Gesellschaft mit begründeter Hoffnung“. Ihre Botschaft müsse „gut begründet und fröhlich verkündet“ werden.
„Solange ich atme, hoffe ich.“
Wer mit einer „Totengräbermiene“ (©: Papst Franziskus) durchs Leben geht, hat das Evangelium nicht verstanden: Hoffnung ohne Ablaufdatum! Nein, wir Christen sind keine Besserwisser oder naiven Optimisten.
Hoffnung ist etwas Anderes als Optimismus. Hoffnung hofft – auch gegen alle Hoffnung. Gegen alle Berechnung. Gegen jedes Kalkül.
Und so bekommt die alte Redeweise eine neue Bedeutung: „Dum spiro spero“ – „Solange ich atme, hoffe ich.“ Manchen glaube ich das. Anderen nicht, weil es zu glatt daherkommt. Aber es gibt Menschen – und Mitbrüder, denen ich das abnehme.
Zu den drei göttlichen Tugenden gehört sie: Glaube – Hoffnung – Liebe. Sehnt es mich danach? Ich bete darum. Hoffnung muss begründet sein. Sie wirkt gegen Verzweiflung. Rechenschaft ablegen über die Hoffnung, die einen erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15): Tue das ich? Von dem Gefängnisseelsorger Don Marco Pozza befragt, welche Hoffnung er in sich trage, sagte Papst Franziskus: „Jesus. Jesus ist meine Hoffnung“. Das möchte ich auch sagen können! Nicht erst am Ende meines Lebens.
Lesetipp: das Jesuiten-Magazin
Dieser Text ist zuerst in Ausgabe 3/2022 des Jesuiten-Magazins erschienen. Dort finden Sie mehr Artikel zum Thema Hoffnung. Sie können das Magazin online lesen oder kostenlos abonnieren.
Foto: steffne/photocase.com