Schöpfung loben Umweltschutz

Nachhaltigkeit  

»Was man von Herzen lobt, kann man nicht so leicht zerstören«

Wie das Schöpfungslob Kraft für den Wandel schenkt

Die Schöpfung leidet, und wir mit ihr. Klimawandel, Artensterben, Umweltzerstörung – all das kann lähmen. P. Fabian Moos SJ zeigt, wie Loben inmitten der Krise zu einer Kraftquelle für unser Handeln werden kann.

„Was liebst du daran, Teil von Gottes Schöpfung zu sein?“ Diese Frage stelle ich gerne im Rahmen einer Dankbarkeitsübung in meinen Workshops. Und bei vielen Menschen fängt es spontan an zu sprudeln: die Freude am Spaziergang im Waldstück nebenan. Der Gesang der Amseln im Garten. Der Dank für das leckere Dinkelvollkornbrot und so viele Nahrungsmittel, die uns die Schöpfung bereitwillig zur Verfügung stellt. Der eigene Leib mit den Sinnen, die uns mit anderen verbinden und so viel Schönes wahrnehmen lassen. Die Freude an der mühsamen Gartenarbeit mit den eigenen Händen, auch wenn die Tomaten nicht immer so wollen, wie sie sollen. Der aufmerksame Blick des eigenen Hundes. Die majestätische Lieblingsbuche neben dem Haus, die schon so viel miterlebt hat …

Sicher könnten Sie die Liste für sich selbst fortsetzen und ins Erzählen kommen. Etwas lieben ist das eine, diese Liebe auch auszudrücken, in Worten, Bildern, Bewegung oder wie auch immer, geht noch einen Schritt weiter und erdet uns oft, bringt uns zum Wesentlichen zurück, lässt spontan Vertrauen entstehen.

Zeit zum Loben nehmen

Das Loben ist eine feine Sache. Wenn es stimmt, was Ignatius sagt, nämlich, dass das Loben unabdingbar zum menschlichen Lebenssinn gehört („Der Mensch ist geschaffen dazu hin, Gott Unseren Herrn zu loben …“), dann sollten wir uns dafür auch Zeit nehmen. Für mich war es eine theologische Entdeckung, dass die ganze Schöpfung eine Art umfassender „Lobzusammenhang“ ist, und dass wir als Menschen berufen sind, uns darin einzuklinken.

Die Schöpfung lobt Gott schon längst, bevor es die Menschen tun. „Alles, was atmet, lobe den Herrn“, singt Psalm 150, das fulminante Finale des hebräischen Gebetbuchs, aus dem auch heute noch Judentum und Christentum ihr Gotteslob gestalten. Auch für den Kirchenvater Gregor von Nazianz war klar, dass alle Geschöpfe auf Gott ausgerichtet sind und ihn allein durch ihr Dasein feiern. „Das Lob der Schöpfung“ heißt dann, dass das Lob Gottes von der Schöpfung ausgeht, dass sie das Subjekt des Lobens ist.

Wir dürfen die Schöpfung loben

Doch auch in der anderen Bedeutung des Ausdrucks stimmt es: Wir Menschen dürfen die Schöpfung loben, weil sie eine Gabe des Schöpfers ist und auf ihn verweist. Und weil man ihn selbst in ihr finden kann. In dieser Perspektive gibt es nicht erst das Lob Gottes und dann – eventuell, wenn noch Zeit und Lust übrig ist – eines für die Schöpfung. Nein, denn dass es mich gibt und dass ich Atemzug um Atemzug Leben in mir habe, verdanke ich dem Schöpfer und dem lebendigen Schöpfungszusammenhang zugleich. Wenn ich dem Lob der Schöpfung Raum gebe, werde ich mir dieser Verbundenheit bewusst, die mich immer schon trägt. Das hat etwas Befreiendes.

Ich habe viel mit Menschen zu tun, die sich für einen sozial-ökologischen Wandel einsetzen. Vielen davon geht es so, dass sie immer wieder von der emotionalen Wucht der Klimakatastrophe und des sechsten Massenaussterbens von Tier- und Pflanzenarten eingeholt werden. Auch ich spüre das in manchen Momenten sehr stark. Und ich weiß: Dass mich das Leiden der Schöpfung durchzieht – als Angst, Trauer und Wut, körperlich, emotional und gedanklich – ist ein gutes Zeichen, denn es beweist einmal mehr, dass ich mit dem Rest der Schöpfung verbunden bin. Es ist trotzdem nicht immer leicht auszuhalten. Aber ist es nun angesichts dieser leidenden Schöpfung nicht eine billige Vertröstung, einfach lobend durch die Gegend zu gehen? Und schlimmer noch: Hält uns das nicht vom dringend notwendigen Handeln ab?

Das Leben feiern

Ich erlebe es anders. Zunächst, weil im Trost des Schöpfungslobs etwas Erlösendes liegt. Das wusste auch schon Ignatius. Er lädt in den Exerzitien dazu ein, Gottes Barmherzigkeit in allen Dingen zu finden und zu loben, etwa weil die anderen Geschöpfe uns trotz unserer Verstrickung in Sünde und Schuld weiterhin am Leben halten und uns „die Erde nicht verschlang“ (Exerzitienbuch Nr. 60). Für mich ist das mit der Erfahrung verbunden, in den Frustrationen meines Engagements immer wieder zurückzufinden zu dem, wofür ich eigentlich kämpfe – indem ich das Leben feiere, das mir geschenkt wird.

Außerdem bin ich wie Joe Übelmesser SJ überzeugt:

Was man von Herzen lobt, kann man nicht so leicht zerstören. Vielmehr wachsen dadurch Verantwortungsgefühl und Kreativität.

So sieht es auch Papst Franziskus in Laudato Si, der ultimativen Schöpfungslob-Enzyklika. Aber schon für Ignatius hängen Loben, Ehrfurcht Erweisen und Dienen eng zusammen. Diese Dreiheit steht für den menschlichen Lebenssinn (cf. EB 23). Dass die Schöpfung so sehr leidet, hängt gerade daran, dass ein Teil der Menschheit – die westliche Welt – den wertschätzenden und ehrfurchtsvollen Umgang mit ihr ausgehebelt hat. Lob und Ehrfurcht fließen hingegen in den rechten Gottes-Dienst, der immer auch Menschen-Dienst und Schöpfungs-Dienst als Antwort auf wahrgenommenes Leiden einschließt.

Die Schöpfung ist ein umfassender Lobzusammenhang. Sich in ihn einzuklinken kann erden, befreien und beflügeln. Und, was haben Sie heute schon gelobt?

Das Jesuiten-Magazin

Dieser Essay ist im Jesuiten-Magazin 2/2025 erschienen. Das Heft steht unter dem Thema »loben« und führt zu psychologischen, gesellschaftlichen, theologischen und zwischenmenschlichen Aspekten.

Sie können das Heft kostenlos bestellen. Hier gelangen Sie zu weiteren Informationen:

Foto: © oatawa/iStock

Weiterlesen

06.11.2025 Zusammenleben

Von Wölfen und Elefanten

„Denk nicht an rosa Elefanten!“ – und schon ist das Bild da. Genau dieses Phänomen zeigt, wie stark Verbote das Begehren wecken – besonders bei Kindern. Was bedeutet das für den Umgang mit digitalen Risiken und Online-Sicherheit?

weiter
27.10.2025 Transformation
Ökologie

Gemeinsam für das gemeinsame Haus

Nachhaltiger Wandel braucht Organisationen, die sich weiterentwickeln. Ein Workshop im Heinrich Pesch Haus zeigte, wie jesuitische Einrichtungen Strukturen schaffen können, um die Bewahrung der Schöpfung wirksam zu leben.

weiter
13.10.2025 Zusammenleben
Internet Überwachung

Schöne neue Sicherheit – und der stille Tod der Freiheit

Es klingt so harmlos, fast edel: Die EU will Kinder im Netz besser schützen. Wer könnte dagegen sein? Doch hinter wohlklingenden Begriffen wie „Chatkontrolle“ oder „Kinderschutzverordnung“ verbirgt sich ein gefährlicher Eingriff in die Grundrechte – einer, der das Fundament unserer offenen Gesellschaft ins Wanken bringen kann.

weiter